Imperial Grand Übersee

Die Rennen waren gelaufen, die Leute alle längst schon wieder im Hotel.
An der Bar beim x-ten Drink, die Poplegende, streichelt zärtlich ‘nem Pudel durch das Fell.
Die Frauen auf den Zimmern putzen sich raus, brezeln sich auf, machen sich high.
In den Clubsesseln beim Wermut, schauen Milliardäre durch die Glasfront auf den Kai.
Fatma, im schwarzen Mantel, Pilotenkoffer an der Hand,
betritt den Lift, fährt rauf ins Penthouse, auf Bildschirmen an der Wand:
Tornadostürme irgendwo, und ein Kernreaktor geht in Flammen auf.
„Without a doubt nobody knows you when you’re down and out“,
klimpert leise durch das marmorne Foyer,       
hier im zeitlos jung- und dennoch altehrwürdigen Imperial Grand Übersee.

Freddy ist Alleinerbe, ihm gehören das Haus und das gesamte Hinterland,
gelangweilt, mit zu viel Gefühl für seine Position, doch mit dem unstillbaren Drang
nach etwas Echtem, das ihn ausfüllt, tief im Innern, ohne Vorteil und ganz ohne Gewinn.
Er empfängt die schwarze Fatma an der Lifttür mit geschüttelten Martinis und „Cin cin!“
Im Casino ist die Bank gesprengt, die Chips längst nichts mehr wert.
Die Legende sagt zur Barfrau, die ihm den nächsten Drink serviert,
„Gut dass da meine Bilder sind, die alle Zeiten überstehen,
sich selbst genügend, sicher, und auf dem Markt bringen die heute schon mehr als zehn
Riesen.“ Sie sagt: „Sicher Alter, hast auch schon wieder ein‘ im Tee,
Gefangen wie wir alle hier im längst dem Tod geweihten Imperial Grand Übersee.“

Auf den Schirmen jetzt ein Tanker und 'ne Goldfregatte, beide seitlängs auf dem Strand.
Das Housekeeping schleppt das Geld in Wäschesäcken zum Fahrstuhl durch den Gang.
Drei Werftarbeiter stürmen das Casino, lange freigesetzt und alle randgefüllt mit Sprit,
ballern in die Decke, rufen: „Alle Autoschlüssel und Transponder, zackig, auf den Tisch.“
Und Freddie fragt die Fatma: „Was schaffst du so am Tag?“
Sie zieht die hohen, schwarzen Stiefel an und sagt: „Im Notariat“,
drapiert die Wachsstange neben der Hodenpresse auf dem King-Size-Bett,
während unten die Musik verstummt, ein Raunen durch die Leute geht,
denn vom Schirm herab grinst breit und in Full HD
der letzte Oligarch in Handschellen in die Lobby des Imperial Grand Übersee.

Nun sind die Zocker eingesperrt im Weinkeller, die Docker mit drei Daimlern auf der Flucht.
Am Horizont türmt sich die Welle hochhaushoch und so breit wie die ganze Bucht,
als durchs Dachgeschoss der Schrei gellt, Freddy paraphiert und alles überschreibt.
Ihren Dienstsiegel drückt Fatma drauf, und wie ihr Koffer zuschnappt, ist das Wachs noch heiß.
Parterre wartet schon die Barfrau, greift entschlossen ihre Hand,
zieht sie durch die Drehtür raus, die Kaipromenade entlang.
Grollend schiebt die Wasserwand sich näher, unterm Welcome-Desk
liegt die Poplegende hackenbreit, und der Pudel rennt und kläfft
durch die Halle, Wasser donnert ins Entrée
des schon vor langer Zeit im Meer versunkenen Imperial Grand Übersee.